
Während Dienst-Pkw bereits elektrisch unterwegs sind, kämpfen Transporter und Baumaschinen noch mit der Elektromobilität. Erfahre, wie es um die Elektromobilität in Bau und Handwerk steht.
Die Elektromobilität ist auf Deutschlands Straßen nicht mehr zu übersehen. Doch während der Umstieg auf E-Autos im privaten Sektor an Fahrt gewinnt, stellt sich für Bau- und Handwerksbetriebe eine komplexere Frage: Ist die E-Mobilität schon reif für den harten Alltag zwischen Werkstatt, Kundenbesuch und Baustelle? Eine Bestandsaufnahme zeigt ein gespaltenes Bild – von vielversprechenden Anfängen bei Dienstwagen bis zu großen Hürden bei schweren Maschinen.
Erfolgsgeschichte mit Vorbehalt: Elektromobilität bei Dienst-Pkw
Im Bereich der Pkw, die als Dienst- oder Motivationsfahrzeuge für Führungskräfte und Außendienstler dienen, hat die Elektrifizierung bereits deutlich Fuß gefasst. Laut aktuellen Daten der KfW-Bank fährt bereits jeder fünfte Firmen-Pkw in Deutschland elektrisch (rund 20 %), wobei etwa die Hälfte davon reine E-Autos sind. Eine Dataforce-Fuhrparkstudie geht sogar davon aus, dass schon heute rund ein Drittel aller Flotten Elektro-Pkw nutzen.
Speziell im Handwerk ist die Offenheit groß: Eine Umfrage von PROFI-Werkstatt ergab, dass 42 % der Betriebe bereits E-Fahrzeuge einsetzen und weitere 28 % dies planen. Die Gründe liegen auf der Hand: Geringere Betriebskosten durch günstigeren Strom, Förderungen wie dem Umweltbonus und Steuervorteile machen E-Autos wirtschaftlich attraktiv. Hinzu kommt der nicht zu unterschätzende Image-Gewinn, wie der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) bestätigt.
Andreas Röttgen, Fuhrparkmanager bei der Einkaufsgesellschaft BAMAKA, bestätigt diesen Trend aus der Praxis: „Ich erkenne einen klaren Trend: Da, wo es darum geht, dass ein Mitarbeiter etwas versteuern muss, geht es in Richtung Elektro. Das ist stark auf die Steuervorteile zurückzuführen.“
Die große Herausforderung der E-Mobilität: Leichte Nutzfahrzeuge im Rückstand
Ganz anders sieht die Situation bei den leichten Nutzfahrzeugen aus – dem Rückgrat vieler Handwerksbetriebe. Bei Transportern, Vans und Sprintern hinkt die Elektrifizierung stark hinterher. Nach Analysen der KfW sind nur etwa 2 % der gewerblichen Transporter derzeit batterieelektrisch unterwegs.
Dabei ist das Potenzial enorm: Experten schätzen in der Dataforce-Studie, dass fast jedes zweite dieselbetriebene Fahrzeug durch ein E-Modell ersetzt werden könnte, wenn Reichweite und Ladeinfrastruktur stimmen. Die Modellvielfalt wächst, doch für den anspruchsvollen Einsatz im Bau- und Handwerk bleiben entscheidende Nachteile. Der ZDH betont, dass E-Transporter für den Stadtverkehr und regionale Touren inzwischen gut geeignet sind. Doch für schwere Transportaufgaben oder Fahrten in ländliche Gebiete sind Reichweite und Nutzlastkapazität oft noch unzureichend.
Die Hürden sind hier deutlich höher:
- Hohe Anschaffungskosten bei gleichzeitig oft geringeren Förderungen für Nutzfahrzeuge.
- Begrenzte Reichweite, die durch hohe Zuladung oder Anhängerbetrieb weiter schmilzt.
- Fehlende Ladeinfrastruktur direkt am Betriebshof oder auf der Baustelle.
Andreas Röttgen von der BAMAKA kennt die Bedenken seiner Kunden: „Gerade wenn man Fahrzeuge mit großer Zuladung hat oder ein Anhänger gezogen werden soll, ist die Akkukapazität noch zu gering. Dann müssten sie auf der Baustelle laden.“ Dies führt mitunter zu absurden Szenarien: „Wir haben einen Kunden, der stellt einen Dieselgenerator hin, um seine zwei, drei E-Fahrzeuge zu laden. Das ist ja nicht der Sinn der Sache.“
Elektromobilität bei Baumaschinen sind Ausnahmeerscheinung
Im Bereich der Baumaschinen ist die Elektrifizierung noch weit hinter der Pkw-Industrie zurück. Auf deutschen Baustellen ist der elektrische Bagger oder Radlader noch eine absolute Seltenheit, wie der Staatsanzeiger BW und das Fachportal buildingnet.de berichten.
René Kappus, Verkaufsleiter DACH beim Baumaschinenhersteller Bobcat erklärt: „Wir sind sicherlich mit den Bau- und Landmaschinen nicht auf dem Level, auf dem die Pkw-Industrie ist.“ Viele Hersteller, darunter auch Bobcat, bieten zwar kleinere Geräte wie Mini-Bagger (1,5-2,5 t) oder kleine Lader als vollelektrische Versionen an. Diese Maschinen sind, je nach Arbeitsintensität, für eine Einsatzdauer von zwei bis vier Stunden ausgelegt. Das Aufladen ist dann über eine 400-Volt Steckdose möglich oder mit einem sogenannten SuperCharger, der die Batterie innerhalb einer Stunde zu 80 % füllt – ideal für die Mittagspause.
Sind Ladesäulen auf Baustellen eine Option für mehr Elektromobilität auf der Baustelle?
Trotz dieser technischen Möglichkeiten ist die Bauindustrie sehr zurückhaltend. Die Gründe sind vielfältig:
- Hohe Anschaffungskosten: „Mindestens 30-50 % teurer“ als vergleichbare Verbrennermodelle, so Kappus. Ohne staatliche Auflagen oder Förderungen entscheiden sich Unternehmer daher weiterhin überwiegend für den Verbrenner.
- Wahrgenommene kurze Laufzeiten: Obwohl laut Kappus 80 % der Anwender mit einer Batterielaufzeit von 3-4 Stunden für einen Minibagger pro Tag auskämen, ist die Sorge vor Ausfallzeiten ein großes Argument. „Die Leute denken: Was sollen die Leute dann beim Laden machen?“, fasst er die Bedenken zusammen.
- Geringe Nachfrage und fehlende Regulierung: Der Anteil elektrischer Baumaschinen am Gesamtmarkt liegt in Deutschland „weit unter einem Prozent“. Kappus ist sich sicher: „Solange es nicht zwingend vorgeschrieben ist, an bestimmten Projekten mit elektrischen Geräten zu arbeiten, die Batterielaufzeiten so sind wie sie sind und es keine Förderung gibt, wird sich das Umfeld für elektrische Baumaschinen nicht vergrößern.“
- Unsicherheit über Batterielebensdauer: Es fehlen Langzeiterfahrungen mit den Akkus in Baumaschinen.
- Kein „First Mover“-Anreiz: „Es drückt keiner, keiner will der First Mover sein, der als erster mit elektrischem Bagger arbeitet“, so Kappus.
Elektrische Mini-Bagger (1,5-2 t) halten etwa 2-4 Stunden bis zur nächsten Ladung durch.
Unternehmen, die dennoch auf elektrische Maschinen setzen, tun dies primär aus Umwelt-Motivation. Zwar gab es Aktionen, bei denen Bobcat ein begrenztes Kontingent elektrischer Maschinen zum Preis eines Verbrenners anbot, doch „man hat sie uns nicht aus der Hand gerissen.“
Ist richtig schweres Gerät elektrisch überhaupt denkbar?
Die Elektrifizierung schwerer Baumaschinen ist zudem auf kleinere Modelle beschränkt. Für größere Baumaschinen sieht René Kappus die Zukunft – wenn nicht elektrisch – eher im Wasserstoffantrieb. Hier kommt also möglicherweise eine andere nachhaltige Technologie eher zum Zug, als E-Mobilität.
Fazit: Der Wille zu Elektromobilität ist da, die Rahmenbedingungen fehlen
Die Bereitschaft im Bau- und Handwerk, auf Elektromobilität umzusteigen, ist hoch, wie die Umfrage von PROFI-Werkstatt zeigt. Der Wandel stockt jedoch an handfesten, strukturellen Hürden:
- Ladeinfrastruktur: Es mangelt an praxistauglichen Lademöglichkeiten – sowohl auf dem eigenen Betriebshof, wo teure Elektroinstallationen nötig sind, als auch mobil auf der Baustelle.
- Kosten und Wirtschaftlichkeit: Die deutlich höheren Anschaffungskosten für E-Fahrzeuge und -Maschinen schrecken viele Betriebe mit begrenztem Budget ab, auch wenn sich die Investition langfristig amortisieren könnte.
- Technische Grenzen: Reichweite, Nutzlast und Ladezeiten sind besonders bei Nutzfahrzeugen und Baumaschinen oft noch nicht wettbewerbsfähig im Vergleich zum bewährten Diesel. Bei Baumaschinen gilt dies umso mehr für größere Modelle.
- Unsicherheit und fehlende Förderung: Eine komplexe Bürokratie und unzureichende Förderungen für spezialisierte Fahrzeuge verunsichern Unternehmer. „Bei einem guten Diesel weiß man, den kann man auch 20 Jahre später noch fahren, da hat man Erfahrungswerte“, fasst Andreas Röttgen die Skepsis zusammen. René Kappus ergänzt: „Ohne staatliche Förderung oder Vorgaben für bestimmte Bauprojekte wie in der Schweiz wird der Umstieg im Baumaschinenbereich kaum stattfinden.“
Der Durchbruch der E-Mobilität im Bau- und Handwerk wird erst dann gelingen, wenn diese Hürden systematisch abgebaut werden. Notwendig sind nicht nur technologische Fortschritte, sondern vor allem ein massiver Ausbau der betrieblichen und mobilen Ladeinfrastruktur sowie verlässliche und einfach zugängliche Förderprogramme, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Branche zugeschnitten sind. Bis dahin bleibt die Elektrifizierung für viele Betriebe eine Gleichung mit zu vielen Unbekannten.
Bilder: Bamaka, Doosan, Firefly, Bobcat








